Vertrags- & Kündigungsrecht

Tagespflegepersonen haben ein nachvollziehbares Interesse an einer möglichst optimalen Auslastung ihrer Einrichtung, um finanzielle Verluste infolge Minderauslastung zu vermeiden bzw. gering zu halten. Oft verwenden Tagespflegepersonen im Betreuungsvertrag bezüglich der Vertragslaufzeit eine Formulierung, „bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres“ oder „bis zum Eintritt in den Kindergarten“. Beide Formulierungen können durchaus problematisch sein und zu einer vorzeitigen Auflösungsmöglichkeit durch die sorgeberechtigten Eltern führen. Die nachfolgenden Erörterungen sollen verdeutlichen, wo Schwächen derartiger Vertragsklauseln liegen können.

Der Betreuungsvertrag, der zwischen den Eltern und der Tagespflegeperson geschlossen wird, ist rechtlich gesehen ein Dienstvertrag nach § 611 BGB. Demzufolge richtet sich die rechtliche Beurteilung einer Befristung ebenfalls nach den Regelungen des Dienstvertrages. Der Gesetzgeber nennt in § 620 Abs. 1 BGB zunächst keine Einschränkung einer Befristung. So formuliert er in der genannten Vorschrift, dass das Dienstverhältnis mit dem Ablauf der Zeit endet, für die es eingegangen ist. Daraus könnte man schlussfolgern, dass eine zeitliche Befristung problemlos möglich ist.

Allerdings sind neben den gesetzlichen Regelungen des Dienstvertrages auch die Regelungen über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. BGB zu beachten. Ein Betreuungsvertrag, den die Tagespflegeperson verwendet, gilt als allgemeine Geschäftsbedingung, weil eine mehrfache Verwendung geplant ist und die selbständig tätige Tagespflegeperson rechtlich als „Verwender“ angesehen wird. Für Befristungen von Verträgen ist damit auch die Vorschrift von § 309 Nr. 9 a) BGB einschlägig. Eine länger als zwei Jahre bindende Vertragslaufzeit ist danach unwirksam. Für Kinder, die noch jünger als ein Jahr sind, wenn sie zur Tagespflegeperson kommen und die oben genannte Formulierung verwendet wird, bedeutet das, dass es sich um eine Befristung von länger als zwei Jahren handelt. In diesem Fall ist diese Klausel unwirksam. Für den Fall der Unwirksamkeit ordnet § 306 BGB an, dass dann die normalen gesetzlichen Regelungen gelten.

Das ist für die Tagespflegepersonen besonders misslich, denn dann können die Eltern den Betreuungsvertrag entsprechend § 621 Nr. 3 BGB spätestens am 15. eines Kalendermonats zum Ende des Monats kündigen, was eine zweiwöchigen Frist zum Monatsende bedeutet. Daher ist in Konstellationen, bei Kindern unter einem Jahr von einer Befristung bis zum dritten Lebensjahr auf jeden Fall abzuraten. Allenfalls in Kombination mit normalen Kündigungsfristen sollten derartige Klauseln verwendet werden.

Aber auch in den Konstellationen, in denen die Kinder das erste Lebensjahr schon vollendet haben, wenn sie zur Tagespflege kommen, ist eine Befristung, dann also für weniger als zwei Jahre, nicht ohne Risiken für die Tagespflegepersonen, wenn sie nicht noch zusätzlich eine fristgemäße Kündigung einräumen. Denn es gilt eine sogenannte Generalklausel in § 307 BGB, die besagt, dass bei einer unangemessenen Benachteiligung einer Partei, die fragliche Klausel unwirksam ist.

So wäre es denkbar, eine zweijährige Bindungsfrist im Rahmen eines Betreuungsvertrages könnte eine solche Benachteiligung darstellen, da auch die Befindlichkeiten der betreuten Kinder berücksichtigt werden müssen. Fühlen sie sich, aus welchen Gründen auch immer, in der Tagespflege nicht wohl, muss es eine Möglichkeit der Vertragsauflösung geben. Daher sollte stets eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit eingeräumt werden.

Für die ordentliche, auch fristgerechte Kündigung genannt, stellt sich die Frage nach der Dauer der Kündigungsfrist. Die Kündigungsfrist sollte keinesfalls länger als drei Monate sein. Für beide Vertragsparteien scheint eine Kündigungsfrist von zwei Monaten angemessen. So hat die Tagespflegeperson die Möglichkeit, den Platz anderweitig zu besetzen. Eltern, die den Wunsch haben, den Betreuungsvertrag zu beenden, müssen sich noch eine überschaubare Zeit mit der Tagespflegeperson arrangieren. Eine einmonatige Frist, auf die manche Kommunen regelwidrig in den Betreuungsverträgen geregelt haben wollen, ist für die Tagespflegeperson deutlich zu kurz bemessen, um den freien Platz anderweitig zu vergeben.

Sind beide Vertragsparteien sich einig, kann in einem Aufhebungsvertrag auch einvernehmlich auf vertraglich vereinbarte Kündigungsfristen verzichtet werden. In der Praxis liegt bei einem einseitigen Auflösungswunsch einer Vertragspartei allerdings meist keine Bereitschaft zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages vor. Befristungen in Verträgen sollten daher immer nur im Zusammenhang mit einer regulären Kündigungsmöglichkeit geregelt werden.

(Autorin: Frau Prof. Beate Naake - Evangelische Hochschule Dresden)